Pferdefütterung Teil 2 - Noch mehr Fragen

Bedarfswerte - organisch/anorganisch - Was enthält Heu

Woher stammen Bedarfswerte?

Wie genau die Bedarfszahlen zustande kommen, lässt sich nicht leicht klären. Der AfBN (Ausschuss für Bedarfsnormen) der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie der Haustiere nutzt bei der Ermittlung des Bedarfes von Spurenelementen und Vitaminen “weitestgehend die Ergebnisse von Dosis-Wirkungs-Studien. Falls auch diese Datenbasis als zu gering und als widersprüchlich angesehen wird, erfolgen vergleichende Auswertungen der international vorliegenden Versorgungsempfehlungen“.

Ob dieser Bedarf dann unter einer organischen oder anorganischen Mineralisierung ermittelt wurde, ist nicht angegeben. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass er von Wildpferden stammt, sondern vielmehr werden Pferde, die mit künstlichem Mineralfutter versorgt wurden, als Referenzgruppe hergehalten haben.

Dabei würden die organischen Spurenelemente aus Pflanzen viel besser verwertet und es müsste dann nicht so viel gefüttert werden. Zusammenfassend kann man sagen: Nichts Genaues weiß man nicht. Es wird aber Sicherheit vorgegaukelt.

Was ist organisch/anorganisch?

Organisch oder anorganisch ist dabei nicht mit "künstlich hergestellt" zu verwechseln, denn das können beide sein. Erkennen kann man die künstlich hergestellten organischen Verbindungen an der Endung, sie heißen meist -chelat, -citrat oder -orotat. So kann das organische Zinkchelat nach Bedarf aufgenommen werden und hat circa die 4-fache Verfügbarkeit wie das anorganische Zinkoxid. Bei der Verwertung von Mineralstoffen übernimmt der Darm die führende Rolle: hier werden von Bakterien die Bestandteile der Futters umgewandelt und verfügbar gemacht. Ob es allerdings überhaupt sinnvoll ist, dem Futter isolierte, einzelne Mineralstoffe oder Spurenelemente zuzusetzen, ist fraglich, denn das Verhältnis der Stoffe untereinander beeinflusst ihre Verwertbarkeit und kann bei einem unnatürlichen Verhältnis Schaden anrichten: zu viel Calcium beeinträchtigt beispielsweise die Zinkaufnahme.

Richtig ist, dass unseren Pferden auf unseren heutigen Weiden meist was fehlt, aber "künstliche Vitamine" können nicht die Antwort sein.

Reicht Heu, und was enthält es?

Mal davon abgesehen davon, welche Aussagekraft Bedarfswerte haben und welche Qualität das Heu hat, schauen wir uns doch mal genauer an, was durchschnittlich enthalten ist. Für alle, die Zahlenspiele lieben:

Bedarf eines 600 Kilo Pferdes (Erhaltungsstoffwechsel, leichte Arbeit)
Fütterung von 10 Kilo Heu (mittlere Qualität, 1. Schnitt)


dv
RP
Kalorien
MJ
Calcium
g/kg
Phosphor
g/kg
Magnesium
g/kg
Natrium
g/kg
Kalium
g/kg
Chlorid
g/kg
Selen
mg/kg
Pferd
600 kg
51777231483426801,2
Heu
10 kg
640634127155163670,5

Eisen
mg /kg
Kupfer
mg /kg
Zink
mg /kg
Mangan
mg /kg
Jod
mg /kg
Vitamin A
I.E./kg
Vitamin D
I.E./kg
Vitamin E
I.E./kg
Pferd
600 kg
4851214854852,418.0003.600600
Heu
10 kg
2.000803001.1002,760.0007.500800

(Quelle: Werte zum Teil gerundet, Meyer/Coenen Pferdefütterung)

Erstaunlich ist doch, dass mit einer ausreichenden Heufütterung vieles schon abgedeckt ist. Und wenn Ihr Pferd nicht genügend Möglichkeiten hat, an salzhaltiger Erde oder Felsen zu lecken, sollte ein Natursalz-Leckstein angeboten werden. Rinden, Blätter, Samen, Früchte und Wurzeln runden das Nahrungsangebot, so wie es auch in der Natur vorgesehen ist, ab. Im Idealfall kann ihr Pferd sich selber die eine oder andere Hagebutte oder Eichel aus der Natur holen oder auch Weidenrinde und so einen Instinkt dafür entwickeln, was und wie viel es braucht. Natürlich kann es im Einzelfall oder auch in bestimmten Lebenssituationen zu einem vermehrten Bedarf kommen, dann sollten aber künstliche Ergänzungen, am besten dann organische, nur kurzfristig gegeben werden.

Eine Überlegung ist sicherlich auch, ob an Heuwiesen angrenzende Felder mit Glyphosat behandelt wurden, denn es wirkt antibiotisch auf gramnegative Bakterien und fördert so die grampositiven, zu denen die gefährlichen Clostridien gehören. Außerdem kann Glyphosat Spurenelemente wie Mangan, Kupfer, Zink binden und so zu einem Mangel in der Pflanze führen und damit auch im Pferd. Die Herkunft der Grundfuttermittel ist also von Bedeutung. Ansonsten ist es auch ratsam zu schauen, ob nicht ein Problem der Verstoffwechselung von Mineralien und Spurenelementen vorliegt.

Nächste Folge: noch mehr Fragen

  • Was sagen Blutwerte und Fellmineralanalysen aus?
  • Was kann hinter einem Mangel stecken?
  • Wie passe ich die Fütterung den Jahreszeiten an?

Zu Teil 3

Quellen:

Engelhardt/Breves Physiologie der Haustiere
Meyer/Coenen Pferdefütterung
wissen.sanoanimal.de,

artgerecht-tier.de
Das Pferd ist ein Pferd (Conny Röhm)
Vitamine – eine Einführung (Dr. Garbers)